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Chriesidorf

Ein weisses Meer von Kirschblüten

Die Steiner benutzen für ihr Dorf gerne auch den Begriff «Chriesidorf». Allerdings sind in den letzten Jahren aus wirtschaftlichen Gründen die meisten der Bäume, die im Frühling die Landschaft in der Ebene und bis weit hinauf zum Rossberg in ein weisses Meer verwandelt haben, verschwunden.

 

Im Steiner Lied von Karl Schuler (Text) und Franz Rickenbacher (Musik) wurde diese Kirschenpracht besungen mit folgenden Worten: «Wie Bluemestrüss stöhnd Chriesibäum da, zmitzt i de grüänä Mattà.»

Die Statistik zeigt denn auch eine beachtliche Zahl an Kirschbäumen. 1951 zählte man noch deren 7902, viele davon Hochstammbäume. Fünfzig Jahre später waren es nur noch 2704. Seit 2001 zählt man die Kirschbäume nicht mehr einzeln, ihre Zahl ist bis heute aber stark geschrumpft. Wegen Preisezerfalls haben die Bauern auf Milch- und Fleischwirtschaft umgestellt und die Kirschbäume gefällt. 


So viele Kirschen mussten aber auch verarbeitet werden. 1930 verzeichnete man in Steinen 41 kleine und 10 grosse Brennereien. Geblieben von den grösseren ist nur noch die Brennerei Wiget im Adelboden, nachdem 1973 die Firma «Albert Camenzind’s Witwe AG» liquidiert und 1984 die Brennerei Weber an der Räbengasse stillgelegt wurden.

Arbeitsintensiv war jeweils die Ernte der Kirschen. Damit so viele Kirschen überhaupt geerntet werden konnten, kamen viele Taglöhner als Akkord-Chriesner nach Steinen.

 

Von morgens früh bis abends spät «turnten» die Chriesner auf den Leitern herum und erledigten ihre schwere und nicht ungefährliche Arbeit. Und das korrekte Stellen der grossen Leitern bedeutete grosse Kraft und Erfahrung, weshalb einer, der Leitern stellen konnte, einen grösseren Tageslohn erhielt.

 

Gerne brüstete man sich damit, wer die längste Leiter besitze. Es soll sogar so lange Leitern gegeben haben, dass man von ganz zuoberst bis nach Ägeri habe sehen können. Es gab eben nicht nur ein Fischerlatein, sondern auch ein Chriesnerlatein.

 

Solche Geschichte erzählte man sich gerne abends nach getaner Arbeit oder wenn nach Abschluss der erfolgreichen Ernte zur Schwyzerörgelimusik getanzt und gefeiert wurde. Da heute kaum mehr Arbeitskräfte gefunden werden können, haben die Bauern teilweise auf mechanische Ernte umgestellt und schütteln die Brennkirschen herunter. 

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